Rolling Clinic-Einsatz auf Mindanao

Dritter Teil des Blogs von Dr. Hermann Biggel

Die 7-stündige Anfahrt mit der Rolling Clinic in den philippinischen Bergurwald auf den größtenteils unbefestigten Straßen zu Beginn der Tour war nicht immer ganz einfach und setzt eine gute physische, v.a. orthopädische Gesundheit voraus.

Rolling Clinic auf Mindanao

Flussüberquerung

Der Allradpickup ist bis auf den letzten Platz vollbepackt mit Medikamenten, chirurgischen Instrumenten, Notfallhilfsmitteln und z.T. bis zu 7 Personen (1 Healthworkerin, die auch die Medikamentenzuteilung übernimmt, eine Übersetzerin, der Fahrer, der auch die Patientenregistrierung übernimmt,  wenn verfügbar ein Zahnarzt, der durchschnittlich täglich 40 – 80 Zahnextraktionen vornimmt, ein Arzt, die freiwilligen Helfer, die dem Pickup auch zusteigen und vor Ort bei der Patientenerfassung und beim Be – und Entladen der Medikamente und Instrumente helfen).

Behandlungsort auf Mindanao

Einer unserer Behandlungsorte

Die Arbeit mit der Rolling Clinic ist im Grunde ähnlich wie in der Ambulanz auf Mindanao, nur dass bis auf Urinuntersuchung und Blutzuckermessungen keine Sofortdiagnostik möglich ist und die weiterführenden Entscheidungen allein durch eine genaue Patientenbefragung und -untersuchung getroffen werden müssen. In unklaren Fällen stehen unsere umliegenden kleinen Projektkliniken oder die großen städtischen Health Centers zur Verfügung.  Allerdings ist die mediale Anbindung oft nicht gegeben, so daß die 5-Sinnediagnostik die einzige Entscheidungshilfe darstellt.  Von chronisch kranken Patienten werden Blut- Urin- und Sputumproben mitgenommen, deren Ergebnisse beim nächsten Rolling Clinic-Einsatz nach 6 Wochen zur Verfügung stehen. Vorherige Befundmitteilungen, durch Telefon etwa, sind in dieser schwer zugänglichen Gegend leider nicht möglich.
Die größte Herausforderung stellen jedoch die Notfälle dar, da keine Notfalltransportmoeglichkeiten bestehen. So versorgten wir einen 2 Monate alten Säugling mit schwerster Atemnot, hohem Fieber und Zyanose, vom späten Vormittag an, notfallmässig durch Freilegen der Atemwege, Temperatursenkung und Sauerstoffgabe, bis wir ihn (zusammen mit der Mutter und einer Begleitperson) am Ende des Einsatztages mit der Rolling Clinic mit ins Tal nehmen konnten. Die Fahrt zu unserer Projektklinik dauerte 3 Stunden und konnte letztlich erst ermöglicht werden, nachdem sich die Mutter, die weitere 12 Kinder zu versorgen hat, zur Finanzierung des geringen Eigenanteils der Behandlung bereiterklärt hat. Nach gemeinsamer klinischer Erstversorgung mit einer jungen Kinderärztin von den German Doctors, konnten wir mit der Rolling Clinic zu unser Unterkunft zurückfahren, was bis in die tiefe Nacht hinein dauerte.  Als wir am Ende unserer Rolling Clinic erfuhren, dass es dem Baby gutgeht, war alle Mühe rasch vergessen.

Wartende Kinder

Die Kinder warten auf ihre Eltern

Während der Rolling Clinic-Zeit schläft das Projektpersonal in den Dorfhütten oder auf freien überdachten Plätzen, in der Mittagspause essen wir gemeinsam mit den Dorfbewohnern, die uns bekochen, während wir uns morgens und abends selber verpflegen.

mindanao-arzteinsatz

Unser „Behandlungszimmer“

Der 6-wöchige Einsatz verging für mich wie im Fluge und hat mir unendlich viel gegeben. Ich konnte meine langjährigen basismedizinischen Erfahrungen und Kenntnisse armen Menschen zugute kommen lassen. Dieser Wunsch entspringt dem Gedanken anderen etwas abzugeben, die in Elend und Not leben müssen, während es mir, wie vielen Menschen in Europa doch sehr gut geht.
Ich verlasse die Philippinen in tiefem Respekt für die Menschen, die dort unter schwierigsten Verhältnissen ihr Leben meistern und  so ein Vorbild für uns sein können, die wir so oft unzufrieden sind und auf höchstem Niveau klagen.  Auch vor jenen, die in Langzeitprojekteinsätzen ihre ganze Kraft einsetzen, den Ärmsten der Armen zu helfen.

Dr. Hermann Biggel