Von Pechvögeln und guten Seelen

Ein Bericht von Langzeitärztin Barbara Hünten-Kirsch aus Nairobi, Kenia

Immer wieder sind es die sozialen Notfälle, die am meisten berühren. So wurden zwei elendiglich unterernährte Kinder in unsere Ambulanz gebracht; Geschwister: der kleine Junge – etwas über zwei Jahre alt – wog noch keine 6 kg, das Mädchen – ein Baby von zwei Monaten – gerade 2,7 kg. Die Mutter hatte die Kinder vor einem Monat verlassen und das Baby wurde seither nur mitKuhmilch und Wasser ernährt. Um es noch schlimmer zu machen: der HIV-Test des Babys ist positiv. In diesem Alter bedeutet das noch nicht, dass das Kind HIV-infiziert sein muss. Es könnten auch noch die Antikörper der HIV-infizierten Mutter sein, die im Blut des Kindes nachweisbar sind. Ein Test, um das Virus direkt nachzuweisen, soll nun gemacht werden. Zum Glück können beide Kinder in unser Ernährungsprogramm aufgenommen werden. Das kleine Mädchen sieht nach einer Woche Babymilch schon viel besser aus. Auch bei manchen unserer Mitarbeiter schlägt das Schicksal immer wieder erbarmungslos zu: eine unsere Übersetzerinnen scheint das Unglück geradezu anzuziehen. Vor wenigen Wochen wurde der bei ihr lebende Neffe – ein Waisenkind – nachts auf dem Weg zur Toilette zusammengeschlagen und mit Kopfverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Eine Blutung im Kopf wurde befürchtet, was sich aber glücklicherweise nicht bestätigt hat. Kurze Zeit später wurde sie selbst überfallen und das Monatsgehalt abgenommen. Sie war wohl beobachtet worden, wie sie am Bankautomaten Geld abgeholt hatte. Vor zwei Wochen nun sind ihre Hütte sowie die Häuser in der Umgebung vollständig abgebrannt; sämtliche Habe fiel den Flammen zum Opfer. Und doch geht das Leben weiter. In ihrem Fall konnten wir (die Ärzte) zusammenlegen, um für eine neue Bleibe inklusive Inventar zu sorgen. Ihren Nachbarn geht es da leider schlechter….

Baraka Medical Center

Baraka Medical Centre

 

HIV-Klinik

Container der HIV-Klinik

Bewundernswert ist für mich immer wieder die Großherzigkeit unserer Mitarbeiter, wie z. B. die von Rose. Mercy (8 Jahre alt) und Kevin (11) haben bei den Großeltern gelebt. Die Mutter, Witwe, hat wieder geheiratet und ihr neuer Mann will die beiden Kinder nicht. Nun sind die Großeltern gestorben und Mercy kam zur Mutter, die allerdings unter ganz großem Druck steht, das Mädchen wieder loszuwerden. Kevin fristet sein Leben auf der Straße und wurde dort von Rose völlig abgerissen aufgelesen. Rose hat ihn mit zu sich nach Hause genommen. Für den Jungen ist es nicht einmal selbstverständlich, dass er mit der Familie isst. Rose muss ihn extra dazu einladen. Er kann auch kaum glauben, dass die Decke, die Rose ihm gibt, damit er nachts etwas zum Zudecken hat, wirklich für ihn ist. Rose möchte nun, dass er bei ihr bleibt. Sie will auch noch seine Schwester Mercy aufnehmen, sobald geklärt ist, wer für die Schule zahlt (Wenn auch der Schulbesuch frei ist, so muss doch für Uniform, Schuhe und Bücher bezahlt werden).