Hunger, nicht nur Appetit

Ein Bericht von Dr. Heinze aus Buda

Dr. Heinze arbeitet für die Ärzte für die Dritte Welt – German Doctors im Krankenhaus in Buda mit. Hier berichtet er im Rückblick über die vielen Patienten, die als unterernährte Kindern nach Buda kommen. Seit März 2011 kooperieren Ärzte für die Dritte Welt in Buda mit Action Contre la Faim. Diese französische Organisation hat in unserer Nachbarprovinz Cotabato ein grosses Ernährungs- und Entwicklungsprogramm initiiert, das auf mehrere Jahre ausgelegt ist. Wir dienen mit unsere Klinik in Buda als Stabilisierungscenter für SAM-Kinder( Kinder mit schwerer Unterernährung), die Komplikationen oder Ödeme haben, bis – so bald als möglich-  eine ambulante Betreuung erfolgen kann. Es gibt ein sehr ausführliches und Praxis-nahes Behandlungsschema angelehnt an das WHO-Programm.

„Auf der Kinderstation in Valencia liegt das Kind mit dem bisher niedrigsten von mir gemessenen MUAC (Mid Upper Arm Circumference): Sechsundneunzig Millimeter. Ah, schon wieder eine Stelle, an der ich medizinischen Belang unterbringen kann! Was ist eigentlich ein MUAC und was macht ihn so bedeutend?

MUAC

MUAC-Messbändchen

Der MUAC korreliert von allen Körpermaßen am Besten mit dem Ausmaß der Unterernährung. Und er ist ganz leicht zu messen. Deshalb ist der MUAC das, was man in der WHO-Sprache ein „powerful diagnostic instrument“ nennt. Wenn man älter als sechs Monate und länger als 65 cm ist, sollte man tunlichst einen vernünftigen MUAC haben, sonst  ist man unterernährt. Unter 125 mm wird es kritisch, und unter 115 mm ist die Diagnose klar: SAM. „Severe Acute Malnutrition“.

Wir sehen viele SAM-Kinder, und leider gehörten die beiden hier während meines Einsatzes verstorbenen Kleinkinder auch in diese Gruppe.

„ACF“, Action contre la Faim, hat ein durchdachtes Programm auf den Weg gebracht, um schwer unterernährten Kinder wieder zu Fleisch auf den Rippen zu verhelfen. Dazu gehören ein stationäres und ein ambulantes Behandlungskonzept, gut ausgebildetes Personal, viel Papierkram, 2 Spezialmilchen und eine Spezial-Erdnussbutter. Hier in Buda wird seit Mitte 2011 das ACF-Programm umgesetzt. Sicher ist es zu früh, um den Erfolg beurteilen zu können. Aber wir haben eine Guideline und wissen, was als nächstes dran ist. Und es zeigt sich, dass die Guideline beim einzelnen Patienten im Hospital immer gut anwendbar ist und das Ergebnis messbar, wägbar ist: Erst F75-Milch, bis keine Ödeme mehr da sind. Dann F100-Milch, bis das Kind zunimmt. Dann Ee-Zee-Paste, und dann Entlassung.

Entlassung. An der Stelle wird das Programm vom geschlossenen zum offenen System, und hier fangen leider die Probleme an. Vorausgeschickt: Viele kommen zu ihren Kilos und können von ihrer SAM geheilt werden. Aber viel öfter als wir wollen stehen wir vor Problemen wie: Nicht zum Follow-up gekommen. Ee-Zee-Past nicht gegessen, dafür Reis. Ee-Zee-Paste-Phase beendet, aber nix zum Essen daheim. Abnahme oder keine Gewichtszunahme, da die Kinder  immer wieder krank waren, da ihre Abwehr schlecht ist Es gibt echt noch viel zu tun gegen Hunger. An zu wenigen Nahrungsmitteln liegt es nicht, jedenfalls nicht generell. Wie sagte Father Franco: „The Philippines are a rich country with a poor people“. So sieht es  aus. Gute Nacht bis morgen.“